- Verlustabzug
- 1. Begriff: V. ist der Oberbegriff für alle Möglichkeiten, negative Einkünfte (Verluste) bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens (⇡ Einkommensteuer) abziehen zu können.- 2. Wirtschaftliche Bedeutung: a) Positiver Effekt: Durch den V. wird erreicht, dass Einkommensteuer nur auf das wirkliche Nettoeinkommen gezahlt werden muss. Dadurch wird verhindert, dass die Steuerpflichtigen Einkommensteuer auf ihre Gewinne aus einer ihrer Tätigkeiten zahlen müssen, wenn sie die entsprechenden Beträge in Wahrheit längst durch eine andere Betätigung verloren haben und deshalb über gar keine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mehr verfügen, die sie zur Steuerzahlung befähigen können.- b) (Fiskalisch) negativer Effekt: Die Tatsache, dass anfallende Verluste mit übrigen, positiven Einkünften verrechnet werden können, kann wirtschaftlich zugleich aber auch einen Finanzierungseffekt beinhalten, z.B. bei vorhersehbaren Anlaufverlusten einer Neuinvestition: Wegen des V. sinkt durch die Anlaufverluste das zu versteuernde Einkommen und es müssen weniger Steuern gezahlt werden, als dies ohne Tätigung der Investition der Fall wäre. Dadurch wird faktisch ein Teil der Investitionsausgabe durch eine Steuerersparnis finanziert; dies dauert an, bis die Neuinvestition Gewinne abwirft. Darin kann ein Anreiz liegen, Investitionen vorzunehmen, die ansonsten gar nicht rentabel wären; aus diesem Grund wird der V. oftmals Einschränkungen unterworfen.- 3. Arten des V.: Im deutschen Einkommensteuerrecht sind Verluste aus einer Einkunftsart zunächst vorrangig mit Gewinnen aus der selben Einkunftsart zu saldieren (sog. horizontaler Verlustausgleich). Soweit hiernach noch Verluste nicht berücksichtigt worden sind, sind sie mit den Einkünften aus den anderen Einkunftsarten zu verrechnen (vertikaler Verlustausgleich). Bleibt auch nach diesem Verrechnungsschritt noch ein Verlustüberhang übrig, findet ein Ausgleich mit dem Einkommen des vorigen Veranlagungszeitraums statt (⇡ Verlustrücktrag) und, wenn auch dann noch Verluste noch nicht ausgeglichen werden konnten, kommt es zur Verrechnung mit dem Einkommen folgender Jahre (⇡ Verlustvortrag).- 4. Gegenwärtige Einschränkungen des horizontalen V.: a) Verluste aus ausländischen Quellen (§ 2a EStG) dürfen nicht mit inländischen Einkünften verrechnet werden, sondern nur im selben Veranlagungszeitraum oder später mit Einkünften der selben Art und aus dem selben Staat verrechnet werden. Verluste aus Einkunftsquellen, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei sind, dürfen ebenfalls nicht ausgeglichen werden, finden aber im Rahmen des ⇡ Progressionsvorbehalts Beachtung.- b) Verluste aus Gesellschaften (⇡ Verlustzuweisungsgesellschaften) oder Anlagemodellen, die ihr Kapital hauptsächlich mit der Aussicht auf Steuervorteile durch V. eingeworben haben oder bei denen die Rendite mehr als zur Hälfte auf Steuervorteilen beruht, dürfen nur mit gegenwärtigen oder zukünftigen Gewinnen des Steuerpflichtigen aus anderen Gesellschaften oder Modellen dieser Art ausgeglichen werden (§ 2b EStG, seit 1999).- c) Verluste eines Kommanditisten aus Kommanditgesellschaften oder ähnlichen Gesellschaften dürfen nur soweit ausgeglichen werden, wie der Kommanditist eine Einlage geleistet hat oder für den Verlust haftet; seine übrigen Verluste dürfen nur mit zukünftigen Gewinnen aus der selben KG ausgeglichen werden (sog. „verrechenbare Verluste“).- d) Verluste aus bestimmten Tätigkeitsarten, nämlich aus gewerblicher Tierhaltung (§ 15 IV EStG), aus sog. Spekulationsgeschäften (§ 23 EStG), aus Termingeschäften (§ 23 EStG) und aus stillen Beteiligungen einer Kapitalgesellschaft an einer anderen (§ 15 IV EStG) dürfen nur mit Gewinnen der selben Art (im gleichen Veranlagungszeitraum, im Vorjahr oder in späteren Jahren) ausgeglichen werden.- 5. Einschränkungen des vertikalen Verlustausgleichs: Von 1999-2003 war der vertikale Verlustausgleich durch die sog. ⇡ Mindestbesteuerung eingeschränkt; die Regelung ist 2004 aufgehoben und durch Einschränkungen des Volumens des Verlustvortrags ersetzt worden.- 6. Einschränkungen des Verlustrücktrags: Der Verlustrücktrag ins Vorjahr ist bis zu einem Betrag von 511.500 Euro (bei Ehegatten 1.023.000 Euro) vorgesehen; der Steuerpflichtige kann ganz oder teilweise auf den Verlustrücktrag verzichten zugunsten des Verlustvortrags.- 7. Einschränkungen des Verlustvortrags: Noch nicht ausgeglichene Verluste können bis zu 1 Mio. Euro unbeschränkt vorgetragen werden; der dann verbleibende Rest des Gesamtbetrags der Einkünfte darf dann durch den V. um 60 Prozent vermindert werden. Ein noch nicht verbrauchter restlicher Verlust wird über den Verlustvortrag ins nächste Jahr übertragen.- 8. Bei der ⇡ Gewerbesteuer gelten die Regeln gemäß § 10a GewStG.
Lexikon der Economics. 2013.